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Portrait: Katrin Limmer

André Leischner

ist eigentlich studierter Architekt, der zuerst nebenberuflich, mittlerweile aber längst hauptberuflich seiner Faszination, vielleicht sogar Obsession für die Fotografie nachgeht. Was aber haben Häuser mit Fotos von Menschen gemein? Eigentlich sehr viel, aber einen Essay über den gemeinsamen Nenner in jedweder Art von Kunst und Ästhetik würde den hiesigen Rahmen sprengen.

Der weithin bekannte Aphorismus mit dem einen Auge im Sucher und dem anderen tief in der Seele des Fotografen ist nun auch schon etwas überstrapaziert, nichtsdestotrotz bringt er den Antrieb hinter seiner kreativen Arbeit gut auf den Punkt. Andrés kreativer Hunger besteht aus der Faszination für das Abseitige, das Subtile, das Echte, ganz schnörkellos. Gern ist es auch mal die Provokation – Provokation durch Zeigen des Unperfekten und scheinbar Abwegigen in einer Welt, in der allzuviele Menschen bishin zur eigenen äußeren und inneren Farblosigkeit eingenommen sind von Standards, Idealen und dem Ziel, perfekt für andere sein zu wollen – und das für ihren eigenen, freien Willen halten. So gibt es in seiner Welt nichts, das man nicht fotografieren kann, darf oder sollte.

Schönheit ist herstellbar, Emotionen passieren. Sobald sie passieren, entsteht auf beiden Seiten des Bildes eine Faszination – wie auch immer diese geartet sein mag. Das Spiel mit diesem Zauber ist der Fokus in der Arbeit des Fotografen: den einen, nicht kalkulierbaren Moment einzufangen, den unser Auge in der Fülle der Reize und dem Fluss des Geschehens übersieht.

Im Laufe seiner seit rund 14 Jahre währenden hauptberuflichen Arbeit als Freier Architekt wurde André Leischner konfrontiert mit der Suche nach Konzept, Perfektion und Ästhetik, mit Material und Haptik, mit dem Erfassen und Kreieren von Raum, geknüpft an oft profane technische und finanzielle Belange. So ist die Fotografie eine Art Rebellion und Aufschrei, manchmal auch besagte Provokation. Oft finden sich in seinen Bildern ganz bewusst gesetzte oder auch bewusst belassene, in der kontemporären, meist digital geprägten Fotografie als problemlos ausmerzbar angesehene Unperfektheiten. Ja, man könnte es Rebellion gegen die Perfektionssucht nennen, oder auch Festhalten dessen, was ist – nicht dessen, was wir in unserem eigentlich oberflächlich biederen Menschenbild gern sehen wollen. Manchmal sind die Motive dabei bewusst inszeniert, manchmal sind sie echt. Und manchmal, eigentlich meistens, liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Im Jahr 2018 hat André seine Arbeit als Freier Architekt aufgegeben und ist seither hauptberuflich als Fotograf am Theater Plauen-Zwickau tätig.

Vita

1978
geboren in Zwickau, Sachsen

1985 – 1997
Schulbildung an diversen Bildungseinrichtungen, Abitur

1998 – 2004
Studium der Architektur an der Technischen Universität Dresden und der Westsächsischen Hochschule Zwickau, Diplom

2003
Einstieg in die semiprofessionelle Fotografie, schwerpunktmäßig Portrait, Akt, People. Seither nichtkommerzielle Fotoprojekte u.a. mit dem Mondstaubtheater Zwickau, Arbeit mit zahlreichen Models der nationalen und internationalen Independent-Fotoszene

2004
Gründung eines eigenen Architektur-, Design- und Grafikbüros

seit 2010
Nebenberufliche Arbeit als Freier Fotograf – Honoraraufträge für Hochzeiten, Events, Portrait-, Schwangeren-, Kinder- und Aktfotografie

seit 2012
Fotoreisen nach Norwegen, Schweden, Island, Irland, Portugal, Frankreich, Dänemark, Hongkong und Nepal

2016
Eröffnung eines eigenen Fotostudios in Zwickau

seit 2018
Arbeit in Festanstellung als Theaterfotograf am Theater Plauen-Zwickau, parallel Arbeit als Freier Fotograf

seit 2019
diverse → Ausstellungen, deutschlandweit, hauptsächlich in den Bereichen Portrait-, People- und Aktfotografie